UNSERE BLINDENSCHULE
Der Freund in der Krankenpflegeschule mit der merkwürdigen Sprache
Auch in Marokko schenkt Gott weiterhin geistliche Frucht durch die Arbeit der Karmelmission. Unsere Mitarbeiter dort gehen immer wieder ein persönliches Risiko ein, wenn sie versuchen, mit Muslimen ins Gespräch über Jesus zu kommen. Aber sie tun es doch immer wieder, weil dies für sie ein Herzensanliegen ist. Und Menschen finden zum Glauben an Jesus. So z. B. Br. Mustafa*. Er berichtet:
„Ich heiße Mustafa, bin 28 Jahre alt und arbeite als Krankenpfleger in einem staatlichen Krankenhaus am Atlantischen Ozean. Nach dem Abitur entschied ich mich für den Beruf des Krankenpflegers. Ich hatte schon als Kind öfter erlebt, wie grob manche
Krankenpfleger mit Menschen umgingen, die aus einfachen Verhältnissen stammten. Dies wollte ich gerne anders machen. Menschen zu helfen, die krank sind und Schmerzen haben, war mein Traum. Ich wollte eigentlich Arzt werden, musste aber schnell einsehen, dass das Medizinstudium viel zu teuer war. So bewarb ich mich für die Krankenpflegeschule und begann meine Ausbildung. Am ersten Tag des zweiten Semesters fiel mir ein netter Marokkaner auf. Er grüßte mich mit einem freundlichen ‚Guten Morgen!‘ Ich merkte schnell, dass Yahya* so wie ich auch ein Berber war.
Wir konnten uns in unserer Muttersprache Tachelhit unterhalten. Wir sprachen über das Studium, Politik, Sport, aber auch über Religion. Yahya verfluchte keinen Menschen, nicht einmal Politiker. Auffällig war auch sein Wortschatz, wenn wir über religiöse Themen sprachen. Er verwendete merkwürdige Wörter wie ‚Heil‘, ‚ewiges Leben‘, ‚Gespräch mit Gott‘. ‚Vielleicht war er als Kind lange im Ausland, seine Sprache ist wohl dadurch etwas geschädigt‘, vermutete ich.
Kurz vor dem Fastenmonat Ramadan lud ich Yahya zu uns nach Hause ein und fragte ihn, ob wir dann dort das abendliche Ramadan-Gebet in der Moschee zusammen verrichten könnten. Der Imam unserer Moschee war beliebt, da das Gebet unter seiner Leitung ziemlich flott ablief. Viele kamen in unsere Moschee, damit sie möglichst schnell wieder nach Hause gehen konnten. Yahya sagte: ‚Mustafa, ich faste nicht während des Ramadans, ich bete auch nicht in der Moschee.‘ Ich war überrascht von dieser ehrlichen Antwort, aber nicht entsetzt. Ich kenne viele meiner Verwandten, die so sind. ‚Macht nichts‘, sagte ich. ‚Du bleibst selbst dann Muslim, wenn du nicht betest oder fastest. Allah ist barmherzig. Wer weiß, vielleicht tust du eines Tages Buße.‘
Daraufhin sagte Yahya: ‚Lieber Mustafa, ich bin Christ. Ich wollte dir das nicht gleich zu Anfang sagen, weil ich nicht wusste, wie du reagieren würdest. Ich wollte dich nicht als Freund verlieren.‘ Eine Weile schwieg ich. Was sollte ich jetzt tun? Ich war noch nie einem Landsmann begegnet, der so offen darüber sprach, dass er kein Muslim mehr sei! Ich konnte mich darüber
aber auch nicht richtig aufregen, weil mich selbst viele Fragen über den Islam beschäftigten, die ohne Antwort blieben. Vieles gefiel mir im Islam nicht. Ich wagte aber nicht einmal darüber nachzudenken. Ich beneidete Yahya fast für seinen Mut. Er bat mich, weiterhin sein Freund zu bleiben.
Nach einer Woche ‚Pause‘ kamen wir wieder zusammen. Ich hatte mich inzwischen damit abgefunden, dass mein bester Freund ein Christ war. Yahya schenkte mir auch christliche Bücher, damit ich seinen neuen Glauben kennenlerne. ‚Was muss ich tun, um gerettet zu werden?‘, war das allererste Büchlein, das ich las. Allmählich verstand ich, was mit ‚Heil‘ gemeint ist. Ich las auch gerne Psalmen in der Berber-Sprache. Ich lernte mehrere Psalmen auswendig. Im dritten Semester der Krankenpflegeschule kam ich zum Glauben an Jesus Christus, meinem Herrn. Letztes Jahr an Ostern wurde ich getauft. Mein Taufspruch war Psalm 23,6: ‚Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.‘ “
*Name geändert